Nikolaus Gülich

Über das Leben und Wirken des Kölner Rebellen Nikolaus Gülich

Im Jahre 1680 erhoben sich die Kölner Bürger gegen den durch Korruption und Vetternwirtschaft ("Klüngel") dursetzten Rat der Stadt Köln. Ihr Anführer hieß Nikolaus Gülich.

Sein Vater war der Hutmacher Andreas Gülich und seine Mutter war Maria de Reuss, die einer bedeutenden Kölner Kaufmannsfamilie entstammte. Nikolaus Gülich wurde wahrscheinlich am 30.10.1644 geboren. Zur näheren Verwandschaft Nikolaus Gülichs zählen ein Jurist, ein Abt und ein Stiftsherr. Er betrieb einen Linten-(Band) Handel und gründete im Jahre 1671 mit seinem Bruder Theodor einen Weinhandel.

Trotz seiner geachteten Herkunft und der von ihm gegründeten Unternehmen war Nikolaus Gülich gezwungen zwischen 1675 und 1683 seinen Grundbesitz immer wieder zu belasten.

In jenen Tagen war die Oberschicht und der Rat der Stadt Köln von Klüngel, Korruption und Filz durchsetzt. Bestechlichkeit, Erpressung und Nötigung waren an der Tagesordnung.

So ließ z.B der Bürgermeister Maximilian von Kreps seine Kutsche überholen, mit Blattgold belegen und dabei noch vom gleichen Handwerksmeister sein Haus verschönern, ohne dafür aus seiner eigenen Tasche zu bezahlen. Alle Arbeiten wurden auf Kosten der Stadt ausgeführt.

Wer sich um ein öffentliches Amt bewarb, wurde regelrecht erpresst. Dies wird am Beispiel des Ratskellerverwalters Thomas Fabian deutlich:

Die Bürgermeister Johann von Wolffskehl und sein Kollege von den Hövel verlangten von Thomas Fabian je 500 Reichstaler für die Verlängerung der Lizenz. Wolffkehl verlangte noch einen Zollast Wein bei Fabians Amtsantritt. Darüber hinaus mußten die Ehefrauen der beiden Bürgermeister mit je 25 Reichstalern zufriedengestellt und die beiden Geldboten mit jeweils 100 Reichstalern "entlohnt" werden.

Ein schlechtes Gewissen oder gar Skrupel sind Bürgermeister Wolffskehl völlig fremd gewesen. So berichtete Fabians Ehefrau, Gertrud Kaffts, bei einer Anhörung:

„Nun seye ihr Liebster bey Hrn. Burgermeistern Wolffskehl jüngsthin sicherer Affairen halber gewesen, wabey Er Burgermeister besagtem ihrem Ehemann zugesprochen, was höre ich, daß ihr durch die Statt blasmieren und außbreiten thut, was wir von euch bekommen haben, doch es ist nichts dran gelegen, wir haben es mühelig gnug verdient.“¹

Ein Ereignis im Jahre 1679 sollte den weiteren Lebensweg Nikolaus Gülichs‘ bestimmen:

Da der Rat sich nicht verpflichtet fühlte, Winterquatiergelder an die kaiserliche Armee zu zahlen, nahm fürstlich - osnabrücksches Militär unter dem Kommando von General Luvomic kurzerhand Kölner Geschäftsleute auf ihrem Weg zur Leipziger Messe gefangen, um sich an deren Waren gütlich zu tun. Um die gefangenen Händler zu befreien, sollten vom Rat die "beste(n) und notigste(n) mittel" ² angewendet werden.

Dieser dachte aber gar nicht daran, die fälligen Gelder zu bezahlen, sondern bat die Betroffenen, selber die Mittel für ihre Befreiung aufzubringen.5 Man wollte den Händlern im Gegenzug spätere Steuern erlassen. Dieser Bitte kamen die Händler und die Gaffeln widerwillig nach. Mit dubiosen Gründen wurden die Rückzahlungen an die Händler und Gaffeln vom Rat anschließend verweigert, sodaß es am 18.6.1680 auf Gülichs‘ Gaffel „Himmelreich“ zum Eklat kam.

Mit ungewöhnlich scharfen Worten griff Gülich Bürgermeister Cronenberg und Mitglieder des Rates an, daß man sich gezwungen sah, den schon eh vorher wegen seiner Angriffe verwarnten Gülich vor eine Kommission zu laden.

Gestärkt durch seine Reden in den Gaffeln und die damit zunehmende Zahl seiner Anhänger geht Gülich unbeschadet aus dieser Anhörung hervor. Zwar droht man ihm, ihn in Haft zu nehmen, doch die Warnungen verpuffen wirkungslos.

Nikolaus Gülich hingegen verfasst eine Klageschrift mit massiven Vorwürfen und erreicht, daß am 6.9.1680 eine Kommission eingesetzt wird "obschon andere mitgewesene Bannerherren, so Burgermeistere als Rentmeistere sich dagegen mit händen und füßen gewehret..." ³

Den angeklagten Bürgermeistern Cronenberg, Wolfskehl und Kreps wurde der Prozess gemacht und sie wurden für schuldig durch das Inquisitionsgericht befunden. Sie verloren alle Ämter und Würden.

Das Urteil gegen Bürgermeister Cronenberg wurde am 6.2.1680 verlesen, wobei er zu einer Geldstrafe von 5000 Goldgulden verurteilt wurde.

Bürgermeister Wolfskehl wurde am 10. Februar 1680 zur Zahlung von 8000 Goldgulden verurteilt. Da dieser sich zwischenzeitlich abgesetzt hatte, wurden am 10.März 1680 seine Besitztümer zu Gunsten der Stadtkasse auf dem Quatermarkt verkauft.

Bürgermeister Kreps wurde am 30. April 1680 zu einer Geldstrafe von 8000 Goldgulden verurteilt:

"In special Inquisitions Sachen Maximiliani von Kreps, Inquisiten, ist der bescheit, das gedachter Inquisitus denen Ayden und Pflichten zuwider begangener ungebührlichkeiten halber der Ehren- Ambter zu entsetzen, deß Stättischen Glaidts zu entfähigen unnd anstatt wohlverdienter confiscation aller Haab und Gueter in eine Straff von Acht-thausent Goltgülden und in die Kösten Inquisitionis zu verdammen seye. Wie Wir Bürger-Meistere unnd Rhatt dieser des Heyligen Reichs freyer Statt Cöllen hiemit entsetzen, entfähigen unnd verdammen." ⁴

Nach den Urteilen gegen die Bürgermeister wurden noch zahlreiche Würdenträger, denen man Korruption und Klüngel nachgewiesen hatte, ihrer Ämter enthoben und zu Geldstrafen verurteilt.

In der Folgezeit nahm der Streit zwischen Gülich und seinen Gefolgsleuten, darunter Abraham Sax und Anton Meshov, und den Stadtoberen zu.

Man ließ Gülich verhaften und in das Alexianerkloster verbringen, mußte ihn aber bald auf Druck der Öffentlichkeit wieder freilassen.

Am 2. Juni 1683 griffen die Kölner Bürgerwehren und Gaffeln zu den Waffen und besetzten das Rathaus um die nach ihrer Meinung nach eid- und wortbrüchig gewordenen Ratsherren festzusetzen.

Nikolaus Gülich wurde im Triumphzug zum Rathaus geführt, wo er und seine Gefolgsleute die Macht übernahmen.

Noch am selben Tag wurden die Stadttore geschlossen und es begann eine Jagd auf vermeintliche Gegner der Kölner Bürgerschaft in deren späteren Verlauf Gereon Hesselmann, ein Gegner Nikolaus Gülichs, zum Tode verurteilt und am 12. August 1683 auf dem Heumarkt hingerichtet wird.

Gülich ernennt sich selber zum Syndikus und läßt einen neuen Rat und Bürgermeister wählen. Er verliert ob seiner von nun an an den Tag gelegten selbstherrlichen Art mehr und mehr die Unterstützung der Gaffeln und der Bürgerschaft.

Soviel Aufruhr blieb auch dem Kaiser nicht vorenthalten und so schickte er im Dezember 1683 eine Untersuchungskommission nach Köln:

„Alß gebiethen Wir Euch obgedachten allen und jeden Gaffelen und deren auffgeworffenen Commissarien von Röm. Kayserlicher Macht bey des Heiligen Reichs Acht und Aberacht, auch verlust jedes Leibs und Lebens, Privilegien, Haab, Gueteren, wo dieselb anzutreffen sein werden, daß Ihr alsobaldt und in angesicht dieses Unseres Kayserlichen gebots elle ewere unternohmene Excessen, fürnehmen und thatligkeit ab- und einstellet, derselben Euch furterßhin gentzlich enthaltet und müßig gehet, obgedachter Unserer angeordneten Commission gehorsambst untergebet und derselben statt tuhet und daruber unserer ferneren gerechtigsten Kayserlichen Verordtnung gewertig hierin nicht saumig oder ungehorsamb seyet.“

Gülich aber denkt nicht daran, sich der kaiserlichen Kommission zu unterwerfen, weswegen der Kaiser ihm und seinen Mitstreitern Sax und Manshov die Acht erklärt.

Sie wurden verhaftet und Nikolaus Gülich und Abraham Sax am 23.Februar 1686 in Mülheim enthauptet und ihre Köpfe am Bayen- und Kunibertsturm aufgespießt

Gülichs Haus wurde abgerissen und an seinem Platz, an dem nie wieder ein Haus errichtet werden sollte, eine Schandsäule mit einem in Bronze gegossenen Kopf aus dem ein Richtschwert herausragte.

Eine Inschrift auf der Säule verkündete in lateinischer und deutscher Sprache:

„Also müßen diejenigen zu Schanden werden, welche mit Verachtung ihro römischen kaiserlichen Maiestät allergnädigster Befehle die stadtcölnischen Republic durch aufrührerische Händel zu zerstören trachten.“

Am 17.9.1797 wurde die Schandsäule unter großem Anteil der Bevölkerung von französischen Truppen abgerissen und Gülichs Aufstand gewürdigt. Seit 1913 steht dort der Karnevalsbrunnen von Georg Grassegger.

Quellen:

Dreher, Bernd: Der sog. Gülich-Aufstand in Köln 1680-1686, (erstes Arbeitsexemplar) Teil 1 DIE DESTABILISIERUNG UND ABSETZUNG DES KÖLNER RATES 1680-1683 Eine Fallstudie über Krise, Kommunikation und Korruption

Dreher, Bernd: HAStK, Gülich (Best. 38) Transkriptionen aus dem Bestand Gülich

Georg Boenisch, aus Merian Heft 12/32 Köln Seite 98

¹ RP 130/II, 12v-15v vom 29/30.6.1683; „Klag Libell“, K 7/151, 37r-38r. zitiert nach Dreher, Bernd

² RP 126, 122v-123r v. 17.4.1679. zitiert nach Dreher, Bernd

³ Verf. u. Verw. V 119, 3r; K 1/11, 9; zitiert nach Dreher, Bernd

⁴ K 1/8, 4r; vgl. K 1/23, 19v; RReg. vom 30.4.16881, K 17/315, 240. zitiert nach Dreher, Bernd

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